Bildungsverlust?
von Markus v. Riederberg
Das Gespenst des Bildungsverlusts durch drohende «Schulschließungen» wird wieder durch die Spalten der Presse in D-A-CH getrieben. Ob Kultusminister:innen, Erziehungsdirektor:innen oder Wissenschaftsminister: Landauf landab wird beschworen, dass die Schulen offen bleiben müssten, um einen drohenden Bildungsverlust abzuwenden.
Vorneweg: Das Unwort der «Schulschließung» ist eigentlich ja einfach ein Deckmantel für ungenügende Digitalisierung, Unterricht aus dem vorletzten Jahrhundert und Rückständigkeit dieses für unsere Gesellschaft wichtigen Bereichs. Als ob es nicht längst Modelle und Anwendungen von Fernunterricht, Unterrichtsmischformen o.ä. gäbe. Die überwiegende Zahl der Schulen verharrt aber in einem Organisationsmodell, das sich seit der Einführung von obligatorischem Schulunterricht nicht wesentlich verändert hat: Man betont zwar den Aspekt der Bildung. Die Grundmaxime besteht aber darin, die Kinder während definierten Zeiten von ihrem häuslichen Umfeld fernzuhalten – damit die Eltern arbeiten und zum Wohlstand der Arbeitgeber beitragen können.
Sucht man nach Evidenz für den sogenannten Bildungsverlust, stößt man in der Regel auf Befragungen von Pädagoginnen und Pädagogen, von Lehrkräften, die dann «wahrnehmbaren Bildungsverlust» feststellen. Was eher auf massive Defizite in wissenschaftlicher Methodik bei den Beteiligten als auf Bildungsverluste hinweist.
Im Chor der Stimmen, die vor Bildungsverlust warnen, stechen die Stimmen von Kinderärztinnen und -ärzten besonders hervor. Die nicht aufhören zu betonen, dass Covid-19 für Kinder ungefährlich, der Verlauf mild sei und dass das Immunsystem der Kinder doch regelmäßig durch neue Infektionen zu trainieren sei – wobei Letzteres aus medizinischer Sicht so ein Unsinn ist, dass dazu wohl bald ein eigener Blogbeitrag folgen muss. LongCovid bei Kindern wird von dieser Seite ausgeblendet. Die sich häufenden Berichte von Kindern, die durch die Infektion mit SARS-CoV-2 aus ihrem Leben gerissen wurden, die ihrer Chance auf ein normales Leben beraubt wurden, werden kleingeredet. Was nicht sein darf, ist auch nicht. Gleichzeitig sind die Kinderärztinnen und -ärzte mit Diagnostik und Therapie dieses Krankheitsbildes offenkundig überfordert, Betroffene und ihre Eltern finden keine Anlaufstellen und werden alleine gelassen.
Die viele Energie, die von den Bildungsverantwortlichen in Bund und Ländern (Kantonen) darauf verwendet wird, den drohenden Bildungsverlust zu beklagen und das Mantra der «offenen Schulen» zu beten, würde besser darin investiert, die Institutionen mit präventiven Maßnahmen (Luftreiniger und Maskenpflicht) abzusichern, vor allem aber eine Bildungsreform anzustoßen, die unsere Bildungsinstitutionen befähigt, Bildung zu vermitteln und nicht einfach Beschäftigungsanstalt für Kinder während der Arbeitszeit der Eltern zu sein.